Nachrichten aus dem Carolingerbund und dem Carolinum

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CARO AKTUELL 11/2016

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

 

„Die letzte Prüfung“ – so titelte der „Stern“ in seiner Ausgabe vom 14.07.2016 und berichtete bunt bebildert und ganz im Stile einer Boulevardzeitung von der diesjährigen Abi-Fahrt, die über 60 Abiturientinnen und Abiturienten unserer Schule nach erworbener Hochschulzugangsberechtigung nach Lloret de Mar an der Costa Brava führte.

 

Wie wohl auch nicht anders zu erwarten, fiel die Berichterstattung über unsere frisch gebackenen Ehemaligen nicht gerade schmeichelhaft aus. In Bild und Wort wurden sie als vergnügungssüchtige, Alkohol versessene Jugendliche dargestellt, die geistlose Ballermann-Hits grölen, im Suff akrobatische Einlagen machen und gelegentlich im falschen Bett aufwachen. Selbst auf den Besinnungstagen im Kloster habe es schlimme (Alkohol-) Abstürze gegeben. Dass diese Jugendlichen auch nach etlichen Longdrinks noch höflich und sympathisch seien, nachts besorgt über den Brexit und den Klimawandel diskutierten und auf ihr berufliches Fortkommen bedacht seien, kann das gezeichnete Gesamtbild nur geringfügig aufhellen. Da mag es bereits als Lichtblick erscheinen, dass in dem Artikel gnädigerweise nur Vornamen verwandt werden, wohingegen das Gymnasium Carolinum Osnabrück expressis verbis benannt und als eine der ältesten Schulen Deutschlands charakterisiert wird.

Die Reaktionen auf diesen „Stern“-Artikel reichten im Kollegium und sicherlich auch bei manchen der betroffenen Eltern von Überraschung bis Unverständnis und gar Verärgerung. Das also ist das Ergebnis all unserer Erziehungs- und Bildungsanstrengungen? Wie kann man sich in einem bundesweit verbreiteten Magazin so unvorteilhaft darstellen? Und für mich als Schulleiter stellte sich die ganz konkrete Frage, ob die in der Jahrgangsstufe 12 durchgeführten und schulischerseits stark subventionierten Besinnungstage im Hause Ohrbeck noch aufrecht erhalten werden sollten.

Aufklärung brachte ein Gespräch mit der Jahrgangssprecherin des inkriminierten Abiturjahrgangs 2016, die aus eigener Initiative um einen Termin in der Schule gebeten hatte. Die Teilnehmer der Abi-Fahrt hatten sich unter völlig falschen Voraussetzungen zu der auch ihnen äußerst peinlichen Reportage bereit erklärt. In einem Beschwerdebrief, den sie an die „Stern“-Redaktion richteten, formulierten sie: „Unsere Naivität, dass wir die Chance hätten, der Welt da draußen zu zeigen, dass wir eben doch eine gewisse ,Klasse‘ haben und wir uns von dem Rest der Party-Urlauber in Lloret unterscheiden, hat uns dazu veranlasst, dieses Angebot anzunehmen. Viele der Interviews handelten von der beruflichen Zukunft und dass man stolz gewesen sei, Carolinger zu sein.“ Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen, nicht richtig wiedergegeben und teilweise falschen Personen zugeordnet worden. Die Rolle des Alkohols sei sehr übertrieben dargestellt. Vor allem legt der Abi-Jahrgang Wert auf die Feststellung, dass die Besinnungstage im Kloster Ohrbeck den Jahrgang enorm zusammengeschweißt haben und ohne Zwischenfälle verlaufen sind. Das deckt sich übrigens auch mit den Auskünften, die wir von der Leitung des Klosters erhalten hatten.

Imponiert hat mir zweierlei: Zum Einen hat der Abiturjahrgang zugesagt, anstelle der Schule aus seiner noch nicht ganz geleerten Abi-Kasse die nächsten Orientierungstage zu subventionieren, um zu demonstrieren, für wie sinnvoll er diese Tage im Kloster Ohrbeck hält. Zum Anderen entschuldigte sich die Jahrgangssprecherin in einem couragierten Auftritt in einer großen Pause im Lehrerzimmer vor den anwesenden Kolleginnen und Kollegen, dass man die Schule in Misskredit gebracht habe.

Die letzte Prüfung wird die Abi-Fahrt 2016 nach Lloret de Mar ganz sicher nicht gewesen sein, aber eine wertvolle Erfahrung allemal. Wie die betroffenen Abiturientinnen und Abiturienten mit der unerfreulichen Berichterstattung umgegangen sind, zeugt von einem beachtlichen Maß an Reife. Dann waren die Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen von Elternhaus und Schule also doch nicht fruchtlos!


Helmut Brandebusemeyer,
Schulleiter
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04.11.2016 Kategorie: Aktuelles Erstellt von: superadmin

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